Normalschwingungen

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{{#set:Urheber=Prof. Dr. E. Schöll, PhD|Inhaltstyp=Script|Kapitel=1|Abschnitt=6}} Kategorie:Mechanik __SHOWFACTBOX__


Anwendung: Kleine Schwingungen eines Systems von Massepunkten

mi


Die Zwangsbedingungen seien holonom und skleronom.

Außerdem sei das Potenzial beliebig

V(r¯1,r¯2,...,r¯N)

es existiere lediglich eine stabile Ruhelage.

Dazu wähle man generalisierte Koordinaten (f Stück) mit der Ruhelage 0.


Man kann an dieses Problem herangehen, indem die potenzielle Energie um die Ruhelage entwickelt wird:


V(q1,...,qf)=V(0,....,0)+j(Vqj)0qj+12j,k(2Vqjqk)0qjqk+...


Der erste Term kann gleich Null gesetzt werden (Skalenverschiebung bei Potenzialen). Dies entspricht einer Skalenverschiebung der Energie.

Im Zweiten Term tauchen jedoch die verallgemeinerten Kräfte (von außen) auf. Wenn diese nicht existieren, so ist dieser Term ebenfalls Null:


V(0,....,0)=0j(Vqj)0qj=0(Vqj)=Qj=012j,k(2Vqjqk)0qjqk=12j,kVjkqjqk


Für kleine Schwingungen hinreichend genau erhalten wir also in niedrigster Näherung grundsätzlich harmonische Schwingungen in einem q²- Potenzial :

Das Potenzial ergibt eine positiv definite quadratische Form (positiv definit, da Ruhelage stabil!)


V(q1,...,qf)12j,kVjkqjqk0Vjk=Vkj


Ansatz für die kinetische Energie:


T=12imivi20


vi=j(riqj)q˙jT=12imi(j,k(riqj)(riqj)q˙jq˙k)0T=12j,kTjkq˙jq˙kTjk=Tkjimi(riqj)0(riqj)0


Die Auswertung der Ableitungen des Radiusvektor an der Ruhelage (0) gilt dann als niedrigste (quadratische) Näherung für kleine Schwingungen.

Auch die kinetische Energie ist in unserem Fall nun eine positiv definite quadratische Form.

Die Lagrangegleichung 2. Art ist somit vollständig bestimmt:


L=TV=12(j,kTjkq˙jq˙kj,kVjkqjqk)Lq˙l=12j,kTjkq˙l(q˙jq˙k)=12j,kTjk(δjlq˙k+δklq˙j)=12j,kTlkq˙k+Tljq˙j=kTlkq˙kmitTjl=Tljddt(Lq˙l)=kTlkq¨kLql=kVlkqk


Einschub: Transformation auf Kugelkoordinaten[edit | edit source]

(r,ϑ,ϕ)=(q1,q2,q3)x=rcosϕsinϑy=rsinϕsinϑz=rcosϑ


v=j(rqj)q˙j


In Komponenten ergibt sich somit:


vx=dxdt=xrr˙+xϑϑ˙+xϕϕ˙=sinϑcosϕr˙+rcosϑcosϕϑ˙rsinϑsinϕϕ˙vy=dydt=yrr˙+yϑϑ˙+yϕϕ˙=sinϑsinϕr˙+rcosϑsinϕϑ˙+rsinϑcosϕϕ˙vz=dzdt=zrr˙+zϑϑ˙+zϕϕ˙=cosϑr˙rsinϑϑ˙


Es läßt sich eine Funktionalmatrix zusammenstellen:


(xrxϑxϕyryϑyϕzrzϑzϕ)=(sinϑcosϕrcosϑcosϕrsinϑsinϕinϑsinϕrcosϑsinϕrsinϑcosϕcosϑrsinϑ0)


T=12j,kTjkq˙jq˙kTjk=Tkjimi(riqj)0(riqj)0Tjk=m[(xqj)(xqk)+(yqj)(yqk)+(zqj)(zqk)]


T11=m(sin2ϑcos2ϕ+sin2ϑsin2ϕ+cos2ϑ)=mT22=mr2(cos2ϑcos2ϕ+cos2ϑsin2ϕ+sin2ϑ)=mr2T33=mr2(sin2ϑsin2ϕ+sin2ϑcos2ϕ)=mr2sin2ϑ


Diese Wert hängen dabei von den gewählten Koordinaten, also den qj ab.

Aus diesem Grund (um dies zu erreichen) wurden ja gerade die qj so eingeführt.


T12=T21=mr(sinϑcosϕcosϑcosϕ+sinϑsinϕcosϑsinϕsinϑcosϑ)=0T13=T31=0T23=T32=0


Tjk=(m000mr2000mr2sin2ϑ)T=12m(r˙2+r2ϑ˙2+r2sin2ϑϕ˙2)

Anwendung auf die Lagrangefunktion[edit | edit source]

Zurück:


L=TV=12(j,kTjkq˙jq˙kj,kVjkqjqk)Lq˙l=12j,kTjkq˙l(q˙jq˙k)=12j,kTjk(δjlq˙k+δklq˙j)=12j,kTlkq˙k+Tljq˙j=kTlkq˙kmitTjl=Tljddt(Lq˙l)=kTlkq¨kLql=kVlkqkkTlkq¨k+Vlkqk=0l=1,...,f


Somit haben wir ein System von f linearen Differenzialgleichungen gegeben.

Bekanntlich eignet sich als Ansatz für die Lösung:


qk(t)=AkeiwtAkCk(Vlkω2Tlk)Ak=0


Dies ist eine Eigenwertgleichung für w²

Bei gegebenen w² liegt ein lineares Gleichungssystem für die Ak vor:

Eine nichttriviale Lösung existiert aber genau dann, wenn


det(Vlkω2Tlk)=0


Dies ist die charakteristische Gleichung für w², die sogenannte Säkulargleichung, ein Polynom f-ten Grades.


Vlk,Tlkpositivdefinitω2>0

für alle Nullstellen des charakteristischen Polynoms.

Beweis:


k(Vlkω2Tlk)Ak=0|lAl*l,kVlkAl*Akω2l,kTlkAl*Ak=0ω2=l,kVlkAl*Akl,kTlkAl*Akl,kVlkAl*Ak=12l,kVlkAl*Ak+12l,kVklAk*Al=12l,kVlk(Al*Ak+Ak*Al)=12l,kVlk2Re(Al*Ak)

Also handelt es sich hierbei um eine reelle quadratische Form. Nun sind Vlk und Tlk positiv definite Matrizen.

Zähler und Nenner sind aber reelle quadratische Formen.

Was zur Folge hat, dass w²>0

Die Lösungen des Gleichungssystems


qk(t)=AkeiwtAkCk(Vlkω2Tlk)Ak=0


sind die Eigenfrequenzen

ω2aa=1,...,f


und die Eigenvektoren

Ak(a)a=1,...,f


Wobei die Eigenvektoren nur bis auf einen Normierungsfaktor bestimmt sind und reell gewählt werden können.

Die allgemeine Lösung für die verallgemeinerten Kooridnaten lautet:


qk(t)=Re{a=1fCaAk(a)eiwat} Die Ca

werden durch die Anfangsbedingungen

qk(0),q˙k(0)

bestimmt

Normalkoordinaten[edit | edit source]

Ziel:

Transformiere auf neue generalisierte Koordinaten, so dass die Bewegungsgleichungen für die Koordinaten entkoppeln.

Seien diese neuen Koordinaten

Qj

so soll gelten:


Q¨j+ωj2Qj=0j=1,...,f


Dies wird bekanntlich erreicht durch eine Hauptachsentransformation{{#set:Fachbegriff=Hauptachsentransformation|Index=Hauptachsentransformation}} der symmetrischen Matrizen Vlk und Tlk

Die Transformation ist das Diagonalisierungsverfahren. Dazu werden reell gewählte Eigenvektoren


Ak(a)
eingesetzt. In diesen müssen sich dann die generalisierten Koordinaten mit den Normalkoordinaten{{#set:Fachbegriff=Normalkoordinaten|Index=Normalkoordinaten}} als Entwicklungskoeffizienten darstellen lassen:


qk(t)=a=1fAk(a)Qa


Die diagonalisierte Matrix kann die Koordinatentransformation als Abbildung vollständig darstellen:


q=AQmitq,QRf



Bleibt zu zeigen, dass Vlk und Tlk durch das gleiche System von Eigenvektoren diagonalisiert werden:

Es gelten die Eigenwertgleichungen:


k(Vlkωa2Tlk)Aka=0|lAlbl(Vklωb2Tkl)Alb=0|kAkb


k,lAlb(VlkVkl)AkaAlb(ωa2Tlkωb2Tkl)Aka=0Vlk=Vklk,l(ωa2ωb2)AlbTklAka=0


Die Annahme lautet nun noch:


ωa2ωb20

Die Eigenwerte sind nicht entartet, natürlich für verschiedene a/b

Somit folgt jedoch


k,lAlbTklAka=δab


Im wesentlichen ist dieser Ausruck (die transformierte kinetische Energie)Null für verschiedene a und b. Bei geeigneter Normierung kann er für a=b gleich 1 gesetzt werden.

Die Trafo ist also eine verallgemeinerte orthogonale Trafo.

Es folgt wegen


k(Vlkωa2Tlk)Aka=0|lAlb dass k,l(AlbVlkωa2AlbTlk)Aka=0k,l(AlbVlkAka)=k,lωa2AlbTlkAka=ωa2δab


Also werden Tlk und Vlk durch das gleiche System von Eigenvektoren diagonalisiert.

Lagrangefunktion[edit | edit source]

L=TV=12(j,kTjkq˙jq˙kj,kVjkqjqk)L=12(a,b(j,kAjbTjkAkaQ˙aQ˙bj,kAjbVjkAkaQaQb))j,kAjbTjkAka=δabj,kAjbVjkAka=ωa2δabL=12(a(Q˙a2ωa2Qa2))


In der tat entkoppeln nun die Bewegungsgleichungen:


Q¨a+ωj2Qa=0a=1,...,f


Beispiel: Pendel

Leicht kann man sich an einer Skizze klar machen:


z=l(1cosϕ)


Als verallgemeinerte Koordinate kann man die Bogenlänge wählen:


q=s=ϕl


T=12mq˙2V=mgz=mgl(1cosϕ)12mglϕ2=12glmq2


Die Entwicklung des Potenzials kann auführlich gezeigt werden.


Zwei gekoppelte Pendel[edit | edit source]

Nun seien zwei Pendel über eine Feder der Federkonstante k gekoppelt:

Zwei gekoppelte Pendel

Hier nehmen wir für beide Pendel generalisierte Koordinaten:


q1=s1=ϕ1lq2=s2=ϕ1l


T=12m(q˙12+q˙22)V=mgz1+mgz2+12k(q1q2)2=mgl(1cosq1l)+12k(q1q2)2+mgl(1cosq2l)V12mglϕ12+12mglϕ22+12k(q1q2)2=12glmq12+12glmq22+12k(q1q2)2


Nun kann gefordert werden:


V12glmq12+12glmq22+12k(q1q2)2=j,k=12VjkqjqkForderung!


Dies läßt sich direkt über die mehrdimensionale Taylorreihe zeigen, Mit Hilfe der Multiindizes:


(2Vq12)0=(2Vq22)0=mgl+k(2Vq1q2)=mgq1(sinq2l)kq1(q1q2)=k


Somit läßt sich die kinetische Energie angeben:

Somit lassen sich kinetische Energie und Potenzial als Matrizen angeben:


Tlk=(m00m)Vlk=(mgl+kkkmgl+k)


T=12m(q˙12+q˙22)V12mglϕ12+12mglϕ22+12k(q1q2)2=12glmq12+12glmq22+12k(q1q2)2L=TV=12m(q˙12+q˙22)12glmq1212glmq2212k(q1q2)2


Die Bewegungsgleichungen ergeben sich als:


mq¨1+glmq1+k(q1q2)=0mq¨2+glmq2k(q1q2)=0


Auch hier haben wir ein System gekoppelter Differenzialgleichungen.

Als Loesungsansatz wählen wir:


qk=Akeiwt


Die resultierende Eigenwertgleichung lautet:


(mgl+kmω2kkmgl+kmω2)(A1A2)=0


Aus der charakteristischen Gleichung gewinnen wir das charakteristische Polynom


0=det(Vlkω2Tlk)=m2|gl+kmω2kmkmgl+kmω2|=00=ω42(km+gl)ω2+g2l2+2gklm=ω42(km+gl)ω2+(gl+km)2(km)2


ω1,22=(km+gl)±(km)={glgl+2(km)


Somit kennt das System die folgenden Eigenfrequenzen{{#set:Fachbegriff=Eigenfrequenzen|Index=Eigenfrequenzen}}:


ω1=gl:=ω0


ungestörte Pendelfrequenz


ω2=gl+2km:=ω02+2ω~2


Die zugehörigen Eigenvektoren lauten:


(mgl+kmωa2)A1akA2a=0


Somit ergibt sich mit der ungestörten Pendelfrequenz w1:


kA11kA21=0(A11A21)(11)


Aus der Eigenfrequenz w2 ergibt sich:


In Normalkoordinaten gilt für die Lösung des Ortes:


qk(t)=Ak1Q1+Ak2Q2


Bis auf einen konstanten Faktor.

Die Umkehrung lautet:


(Q1Q2)=(A11A21A12A22)(q1q2)


Mit der zu oben transponierten Matrix (Umkehrung)

Die Eigenvektoren sind so zu normieren, dass:


k,lAlaTlkAka=mk|Aka|2=1(A11A21)=12m(11)(A12A22)=12m(11)


Es folgt für die Normalkoordinaten:


Q1=12m(q1+q2)SchwerpunktskoordinatenQ2=12m(q1q2)Relativkoordinaten


An Normalschwingung{{#set:Fachbegriff=Normalschwingung|Index=Normalschwingung}}en existiert somit:


ω1=glω2=gl+2km


Dabei stellt ersteres die gleichphasige Schwerpunktsschwingung dar, letzteres repräsentiert die gegenphasige Relativschwingung.

In Realität haben wir es mit einer beliebigen Überlagerung von Schwerpunktsschwingung und Relativschwingung zu tun.

Dabei treten Überlagerungszustände als Schwebung auf.

In Realität erhält man eine reine Schwerpunktschwingung, wenn die Anfangsbedingungen reine Lösung der Schwerpunktsskoordinaten sind.

Eine Relativschwingung ergibt sich, wenn die Anfangsbedingung exakt eine Lösung der Relativkoordinaten repräsentieren.