Das Zweikörperproblem

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{{#set:Urheber=Prof. Dr. E. Schöll, PhD|Inhaltstyp=Script|Kapitel=3|Abschnitt=5}} Kategorie:Mechanik __SHOWFACTBOX__


Hier werden die Erhaltungssätze zur Lösung der Bewegungsgleichung verwendet.

Idee:

f Freiheitsgrade -> f Differenzialgleichungen 2. Ordnung

  • 2f Integrationskonstanten nötig ! ( jeweils zweifaches Integrieren). ( Anfangsbedingungen).
  • Also existieren auch 2f Integrale der Bewegung

Falls alle 2f Integrale der Bewegung bekannt wären:


Ir(q1,...,qf,q˙1,...q˙f)=crr=1,...2f


So wäre das Problem vollständig gelöst:


qk=qk(c1,...,c2f,t)k=1,...,f


Also ist es das Ziel, möglichst viele Integrale der Bewegung zu finden.

Beispiel: Zweikörperproblem

2 Massen, m1 und m2 unter dem Einfluss Ihrer inneren Wechselwirkung: V(|r1-r2|) ( Zentralpotenzial).

Beispiel: Sonne / Erde unter Gravitationswechselwirkung

Zahl der Freiheitsgrade: f=6

Also: es muessten 12 Integrale der Bewegung existieren

Erhaltungssätze

  1. V(|r1-r2|) ist translationsinvariant.

Somit ist der Impuls: P¯=p¯1+p¯2 =konstant

Der Schwerpunkt: R¯=1MP¯t+R¯0 bewegt sich gleichförmig und geradlinig.

Dies folgt aus: MR¯˙=P¯=const


M:=m1 + m2

Somit sind 6 Integrationskonstanten gefunden: P¯,R¯


  1. V(|r1-r2|) ist rotationsinvariant:

Damit ist der Drehimpuls l¯=m1r¯1×v¯1+m2r¯2×v¯2=const


Es sind drei weitere Integrationskonstanten l¯ gefunden.

  1. Die zeitliche Translationsinvarianz bei konservativer Kraft:


E=12m1v¯12+12m2v¯22+V(|r¯1r¯2|)=const


Eine Integrationskonstante E

Insgesamt sind 10 Integrale der Bewegung gefunden. Es bleiben nur 2 Integrationskonstanten, nämlich der Nullpunkt der Zeit- und Winkelskala. Diese ergeben sich aus den ANfangsbedingungen.

Impuls- und Drehimpulserhaltung

Lagrange- Formulierung:


L=TV=12m1v¯12+12m2v¯22V(|r¯1r¯2|)


Verallgeminerte Koordinaten: Schwerpunktskoordinaten:


(q1q2q3):=R¯=1M(m1r¯1+m2r¯2) Schwerpunktskoordinate (q4q5q6):=r¯=r¯1r¯2 Relativkoordinate

Die Umkehrung liefert dann die gesuchten Größen:


r¯1=R¯+m2Mr¯r¯2=R¯m1Mr¯r¯˙1=R¯˙+m2Mr¯˙r¯˙2=R¯˙m1Mr¯˙L=M2R¯˙2+12mr¯˙2V(r)


Dabei bezeichnet


r:=|r¯|

den Abstand und


m=m1m2m1+m2 die relative Masse


L=M2R¯˙2+12mr¯˙2V(r)


R¯ ist zyklische Koordinate: LRk=0LR˙k=MR˙k=Pk=const mit k= x,y,z


R¯=1MP¯t+R¯0


Verwende das Schwerpunktsystem als Inertialsystem:

o.B.d.A: R¯=R¯˙=0


Damit ergibt sich die vereinfachte Lagrangegleichung


L=12mr¯˙2V(r)


mit:


r¯1=+m2Mr¯r¯2=m1Mr¯r¯˙1=+m2Mr¯˙r¯˙2=m1Mr¯˙


Der Drehimpuls berechnet sich gemäß:


l¯=m1r¯1×v¯1+m2r¯2×v¯2=(m1m22M2+m2m12M2)r¯×r¯˙=mr¯×r¯˙=const (Rotationsinvarianz)

Somit folgt aber auch (zyklische Vertauschbarkeit):


l¯r¯=l¯r¯˙=0


Beide, Radiusvektor und Geschwindigkeitsvektor r¯,r¯˙ liegen in der Ebene senkrecht zu l¯ ( Im Schwerpunktsystem).

Übergang zu Polarkoordinaten. Wir legen das Koordinatensystem so, dass der Drehimpuls parallel zur z- Achse zeigt:


x=rcosϕx˙=r˙cosϕrϕ˙sinϕy=rsinϕy˙=r˙sinϕ+rϕ˙cosϕ


Somit:


r¯˙2=x˙2+y˙2=...=r˙2+r2ϕ˙2


Nun wählen wir neue verallgemeinerte Koordinaten statt x,y : (r,ϕ)


L=12m(r˙2+r2ϕ˙2)V(r)


ϕ ist zyklische Koordinate: Lϕ=0Lϕ˙=mr2ϕ˙=l=const


Hier: l = lz, da lx = ly =0

Also: mr2ϕ˙=lz=m(xy˙yx˙)=const


Flächensatz: 2. keplersches Gesetz

Geometrische Interpretation von mr2ϕ˙=lz=m(xy˙yx˙)=const

Radiusvektor überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen.

Das heißt: Die Flächengeschwindigkei ist konstant:


Für die Fläche gilt:


δF=12|r¯||r¯+δr¯|sinδϕ12r2δϕ


Dabei gilt die rechtsseitige Näherung für sehr kleine Änderungen in Radiusvektor und Winkel. Bleibt richtig für infinitesimale Betrachtung:


ddtF=12r2dϕdt=l2m=const


Energieerhaltung und Bahngleichung

Bestimmen wir die Lagranggleichung 2. Art für den radius r:


ddtLr˙Lr=0


Lr˙=mr˙Lr=mrϕ˙2V´(r)


Somit gilt:


mr¨mrϕ˙2+V´(r)=0


Mit der Zentrifugalkraft mrϕ˙2


Die Zeitableitung des Winkels können wir eliminieren durch die Bewegungskonstante l:


ϕ˙=lmr2


mr¨l2mr3+V´(r)=0


  1. Integral: Trick: Wir müssen die Gleichung auf zeitliche Änderung bringen. Zu diesem zweck multiplizieren wir alles mit

r˙


mr¨r˙l2mr3r˙+r˙V´(r)=0mr¨r˙=ddt(m2r˙2)l2mr3r˙=ddt(l22mr2)r˙V´(r)=ddtV(r)


Somit können wir Integration über die zeit ausführen und es ergibt sich:


m2r˙2+l22mr2+V(r)=const=E Energieerhaltung mit T=m2(r˙2+l2m2r2)=m2(r˙2+r2ϕ˙2)


Andere Interpretation

Die Bewegung der beiden Körper ist ebenfalls als eindimensionale Bewegung in einem effektiven

Radialpotenzial


V~(r):=l22mr2+V(r)


Dabei wird l22mr2 als Zentrifugalbarriere bezeichnet.

Es ergibt sich: m2r˙2+V~(r)=const=E


Somit:


r˙=2m(EV~(r))=drdt


Integration liefert:


rordr´2m(EV~(r´))=totdt´


Es sind somit t( r) und r( t) berechenbar.

Der Winkel folgt dann aus:


ϕ˙=dϕdt=lmr(t)2 durch Einsetzen:


ϕoϕdϕ´=totlmr2(t´)dt´


Es ergibt sich also: ϕ(t) .

Die Bahngleichung wird gewonnen gemäß:


drdϕ=r˙ϕ˙=mr22m(EV~(r))l=r22ml2(EV~(r))


Es folgt:


ϕoϕdϕ´=rordr´1r´22ml2(EV~(r´))


Daraus erhält man als Bahngleichung ϕ(r) bzw. r(ϕ) .

Die Bahngleichung.

Planetenbewegung und Keplersche Gesetze

Betrachten wir speziell das Gravitationspotenzial als Wechselwirkung:


V(r)=γm1m2r mit r=|r¯1r¯2|


Somit ergibt sich ein effektives Radialpotenzial gemäß


V~(r)=kr+l22mr2k:=γm1m>0


ALs Grenzwert folgt:


r0:V~(r)=l22mr2r:V~(r)=kr0


Differenziation findet ein Minimum:


dV~(r)dr=kr2l2mr3=0ro=l2mkV~(ro)=mk22l2 Wegen m2r˙2=EV~(r) ist eine Bewegung nur für EV~(r)0 möglich. Also muss EV~(r)


Es gilt:


0>EV~(ro)0>Emk22l2

Bahnen sind geschlossen ( Ellipse, Spezialfall: Kreis)


E>0 Bahnen sind offen. ( Hyperbeln)

Wir werden sehen, dass für E=0 eine Parabelbahn folgt.

Das Potenzial hat die folgende Gestalt:

Für 0>EV~(ro)0>Emk22l2


Sind die Umkehrpunkte durch V~(r)=kr+l22mr2=E


bestimmt ( quadratisch Gleichung in r mit zwei Lösungen):


rmin/max=12|E|(kk22l2|E|m)


Für E>0 gibt es nur noch eine Lösung für r, die positiv und damit physikalisch sinnvoll ist.

Aus

gewinnt man den inneren Umkehrpunkt:

Die Bahngleichung kann nun explizit berechnet werden:


ϕoϕdϕ´=ϕϕo=rordr´1r´22ml2(EV~(r´))=rordr´r´212mEl2+2mkl2r´1r´2


Dieses Integral ist nicht leicht zu berechnen, jedoch lediglich ein mathematisches Problem. Es gelingt mit einer geschickten Substitution:

Zunächst soll der Ausdruck unter der Wurzel quadratisch ergänzt werden:


2mEl2+2mkl2r´1r´2=(1r´mkl2)2+m2k2l4+2mEl2 mit (1r´mkl2)2+m2k2l4+2mEl2:=D[11D(1r´mkl2)2]D:=2ml2(mk22l2+E)


Dabei gilt:


mk22l2=V~(ro)D:=2ml2(mk22l2+E)0


Substitution:


cosϑ´:=1D(1r´mkl2)dcosϑdr´=1D(1r´2)dcosϑdϑ=sinϑ´sinϑdϑ=dcosϑsinϑ´dϑ=1D(dr´r´2)


Somit folgt:


ϕϕo=rordr´r´212mEl2+2mkl2r´1r´2=rordr´r´21D[11D(1r´mkl2)2]=rordr´r´21D[11D(1r´mkl2)]rordr´r´21D[11D(1r´mkl2)]=ϑ0ϑdϑ´sinϑ´11cos2ϑ´=ϑ0ϑdϑ´=ϑϑ0ϑϑ0=arccos1D(1rmkl2)arccos1D(1romkl2)


Also in Summary:


ϕϕo=arccos1D(1rmkl2)arccos1D(1romkl2)


Eine der Integrationskonstanten,


ϕo oder ro kann frei eingesetzt werden.

Wir wählen den Winkel willkürlich:

Mit der vereinfachenden Wahl von


ϕo=arccos1D(1romkl2)


ergibt sich:


ϕ(r)=arccos1D(1rmkl2)1r(ϕ)=mkl2+Dcosϕ=mkl2(1+εcosϕ)mitε:=Dl2mk=1+2El2mk2


Wesentlich ist unsere Bahngleichung:


1r(ϕ)=mkl2+Dcosϕ=mkl2(1+εcosϕ)


Dies ist nämlich, wie jedem Mathematiker bekannt ist, die Gleichung eines Kegelschnitts in Polarkoordinaten:


ε>1E>0Hyperbel(offeneBahn)ε=1E=0Parabel(offeneBahn)ε<1mk22l2<E<0Ellipse(geschlosseneBahn)


Für da zweidimensionale Problem ist die Umrechnung auf kartesische Korodinaten sehr einfach:

Dies ist nämlich, wie jedem Mathematiker bekannt ist, die Gleichung eines Kegelschnitts in Polarkoordinaten:


cosϕ=xrsinϕ=yrr=(x2+y2)


Für ε<1 folgt:



(mkl2(1ε2)x+ε)2+m2k2l4(1ε2)y2=1m2k2l4(1ε2)2(x+l2mkε(1ε2))2+m2k2l4(1ε2)y2=1


Dies kann vereinfacht werden zu:


(x+e)2a2+y2b2=1


mit der Exzentrizität


e=a2b2


Dies ist die Gleichung einer Ellipse mit einem Brennpunkt im Ursprung.

Die Hauptachsen lauten:


a=l2mk(1ε2)=k2|E|b=l2mk1ε2=l2m|E|


Die relative Exzentrizität:


ε=ea=1b2a2


e, die absolute Exzentrizität ist der absolute Abstand zwischen Mittelpunkt der Ellipse und einem Brennpunkt.

Keplersches Gesetz

Folgt also aus der Bewegungsgleichung mit Gravitationspotenzial bei negativen Energien:

Die Planetenbahnen sind Ellipsen, in deren einen Brennpunkt die Sonne steht.

Keplersches Gesetz

T²~a³

Beweis:

Für die Fläche einer Ellipse gilt:


F=πab


Wenn wir das zweite Keplersche Gesetz verwenden ( Flächensatz), so gilt:


dFdt=l2m=const


Es ergibt sich der folgende Zusammenhang mit der Umlaufzeit:


0TdtdFdt=l2mT=F=πab


Aus der Herleitung des ersten Keplerschen Gesetzes ist bekannt:


b2a=l2mkb=lmkaT=2mπabl=2mπa32kT2a3=4π2mk


Die zweiten Potenzen der Umlaufdauer sind somit nicht exakt proportional zur dritten Potenz der großen Halbachsen, da auch die Masse des Planeten noch eingeht:


k=γm1m2m=m1m2m1+m2mk=1γ(m1+m2)


Falls die Planeten jedoch deutlich leichter sind als die Zentralgestirne, so gilt:


mk1γm2T2a34π2γm2


Leitet man dies aus dem Kraftansatz ab, so steckt der Fehler der Vernachlässigung der Planetenmasse in der Annahme einer kreisförmigen Bewegung um das Zentralgestirn. Das Ergebnis ist ebenso fehlerbelastet.