Wirkungs- und Winkelvariable

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{{#set:Urheber=Prof. Dr. E. Schöll, PhD|Inhaltstyp=Script|Kapitel=5|Abschnitt=2}} Kategorie:Mechanik __SHOWFACTBOX__


Nun betrachten wir eine Modifikation des Hamilton- Jacobi- Verfahrens. Dabei geht es speziell um periodische Systeme. Das Ganze soll an einem Beispiel skizziert werden und erst dann Verallgemeinerung finden.

Klassifikation von periodischem Verhalten:

  • geschlossene Phasenraumkurvn welcher Art auch immer sind Librationen. Diese sind beispielsweise Schwingungen.
  • dabei gilt:


q(t+τ)=q(t)p(t+τ)=p(t)


  • periodische (hinsichtlich des Ortes), aber nicht geschlossene Phasenraumkurven, also Phasenraumkurven, die selbst entlang des Ortes im Impuls schwingen (dies sind nicht Schwingungen im ortsraum!) sind Rotationen. Die Phasenbahnen sind offen und es gilt:
q(t+τ)=q(t)+q0p(t+τ)=p(t)
  • Beispiel für eine Rotation ist die Drehung einer Achse:
q(t)=ϕq0=2π


Beispiel: Das mathematische Pendel (mit beliebig großen Auslenkungen)

f= 1, verallgemeinerte Koordinate: Winkel

ϕ.

, s=

ϕ l T=12ml2ϕ˙2V=mgl(1cosϕ)


verallgemeinerter kanonischer Impuls:


pϕ=Lϕ˙=Tϕ˙=ml2ϕ˙H(ϕ,pϕ˙)=T+V=pϕ22ml2+mgl(1cosϕ)

für ein konservatives System

Es folgen die Hamiltonschen Gleichungen:


ϕ˙=H(ϕ,pϕ˙)pϕ=pϕml2p˙ϕ=H(ϕ,pϕ˙)ϕ=mglsinϕ


  1. Integral (Enrgieerhaltung): Phasenbahn


H(ϕ,pϕ˙)=T+V=pϕ22ml2+mgl(1cosϕ)=E=const.


Für kleine Winkel gilt die bekannte Kleinwinkelnäherung:


pϕ22ml2+mglϕ22=E=const.
→ Ellipsen, wie vom harmon. Oszi bekannt.

Gleichgewichtslagen: Fixpunkte:

ϕ˙=p˙ϕ=0pϕ=0ϕ=nπ,nN


E2mgl

Libration: Schwingung mit

|ϕ|ϕ0
E>2mgl

Rotation: überschlagendes Pendel:

ϕ

unbeschränkt

Für E=2mgl haben wir den Spezialfall einer Kriechbahn (Separatrix zwischen a) und b):


Übergang zu neuen kanonischen Variablen (f=1)


(q,p)(θ,I)I(E):=ΓEpdq


I(E) ist als Wirkungsvariable zu verstehen, als die Fläche, die von einer notwendigerweise geschlossenen Bahn

ΓE

zur Energie E im Phasenraum eingeschlossen ist. (= Phasenintegral).


θ

ist die Winkelvariable, auf Periode 1 normiert.

Gelegentlich findet sich:


(q,p)(θ,I)I(E):=12πΓEpdq


In diesem Fall ist

θ auf 2π

normiert.

gesucht ist die zugehörige kanonische Transformation:


p=W(q,I)qθ=W(q,I)I


Mit der neuen Hamiltonfunktion:


H(q,W(q,I)q)=E(I)


Dies ist die Umkehrfunktion von I(E), existiert genau dann, wenn

dIdE0.


Da

θ

zyklisch ist muss I konstant sein.

Die Hamiltonsche Bewegungsgleichung für

θ

lautet:


θ˙=E(I)I:=νI=const.θ=νIt+θ0mod1I=const


Die Lösung für

θ
ist bei Normierung auf
2π

natürlich modulo

2π
zu verstehen.

Mit der Lösung jedoch ist für jedes E(I) die frequenz

νI

berechnet.

Das Phasenraumportrait ist der folgenden gestalt:

Beispiel: eindimensionaler Oszillator

H(q,p=W(q,I)q)=p22m+mω22q2=E(I)


Phasenbahn:


W(q,I)q=p=±mω2Emω2q2


Umkehrpunkte:


q±=2Emω2


Wirkungsvariable:


I(E)=pdq=2mωqq+2Emω2q2dqI(E)=2mω[q22Emω2q2+Emω2arcsinq2Emω2]q+q=2πωE


Transformierte Hamiltonfunktion:


H¯=E=ω2πIθ˙=EI=ω2π:=νI


Die zeitliche Änderung des Winkels, also die Frequenz des harmonischen Oszillators ist völlig unabhängig von E(I)

Nebenbemerkungen:

1.

I=2πωE=τE

hat die Dimension Zeit* Energie, also Wirkung

θ

ist die Winkelvariable, die zur periodischen Bewegung im Phasenraum! gehört und hat überhaupt nichts mit dem Winkel im ortsraum (des Pendels Phi) zu tun

Allgemein: Perdiodische Bewegungen werden immer durch eine Winkelvariable parametrisiert.

  • die periodische Bewegung wird damit auf die 1-Sphäre S1 (Kreis mit Radius 1) abgebildet.

Verallgemeinerung auf beliebiges f:

Eine Bewegung heißt periodisch bzw. quasiperiodisch, falls die Projektion der Phasenbahn (Trajektorie) auf jede (pj,qj)- Ebene periodisch mit Frequenz


ωj=2πτj

ist. Jede Projektion also für gleiche Koordinaten in Ort und Impuls!

Falls:

ω1:ω2:ω3:...:ωf

rational ist, so ist die Bahn geschlossen, also einfach periodisch.

Falls:

i,jωi:ωj

irrational → offene Bahn (quasiperiodisch).

Parametrisierung erfolgt durch die Winkelvariable

θj zu ωj

Abbildung auf

S1×S1×S1×...×S1=:Tf

(f mal S1- Sphären- Räume), Abbildung auf den sogenannte f-Torus

Beispiel: 2Torus:

Ist das Frequenzverhältnis irrational, so wirkt der Torus nur als Phasenraumattraktor. Die Bahn füllt den gesamten Torus dicht aus!

Satz über integrable Systeme

Einautonomes System (Hamiltonsch) habe f unabhängige Integrale der Bewegung


gk(q¯,p¯)

k=1,...,f

mit

g1(q¯,p¯)=H(q¯,p¯)

Energie und


{gi,gj}=0i,j


Dann gilt:

  1. die durch
gk(q¯,p¯)=αk=const

gegebene Hyperfläche des Phasenraums (falls kompakt und beschränkt und abgeschlossen) läßt sich diffeomorph auf einen f-dimensionalen Torus

Tf

abbilden.

  1. die Allgemeine Bewegung auf
Tf

ist quasiperiodisch:

dθidt=ωi,
θi

ist zugehörige Winkelvariable, i=1,...,f

  1. das System ist INTEGRABEL, das heißt, die Hamiltonschen Bewegungsgleichungen lassen sich vollständig und global integrieren.

Beispiele: 2- Körper- Problem mit Zentralkraft, gekoppelte harmonische Oszillatoren

Gegenbeispiel: 3- Körperproblem mit Zentralkraft (f=9, nur 6 unabhängige Integrale der Bewegung:


E,P¯gesamt,l2,l3


Nebenbemerkung:

Wegen

{l3,l1}=l3

und zyklisch erfüllen die 3 Drehimpulskomponenten nicht alle die Bedingung

{gi,gj}=0

obgleich gilt:

{li,H}=0.


Wirkunsgvariable:


Ik(α1,...,αf):=Γkpkdqk(k=1,..,f)


Für ein separables System gilt:


W=j=1fWj(qj,α¯)pk=dWkdqk


Die Umkehrung liefert die Energie:


Eα1=α1(I1,...,If)


Die Hamiltongleichungen lauten:


θ˙=E(I1,...,If)Ik=νk(I1,...,If)θk=νkt+βkνk=1τk


Fazit:

Mit der Wirkungs- und Winkelvariablen können die Frequenzen

νk

periodischer Bewegungen bestimmt werden, ohne die vollständige Lösung angeben zu müssen.