Kerndrehimpulse und elektromagnetische Kernmomente

Kern- und Strahlungsphysikvorlesung von Prof. Dr. P. Zimmermann

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Der Artikel Kerndrehimpulse und elektromagnetische Kernmomente basiert auf der Vorlesungsmitschrift von Moritz Schubotz des 5.Kapitels (Abschnitt 0) der Kern- und Strahlungsphysikvorlesung von Prof. Dr. P. Zimmermann.

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Der Kerndrehimpuls{{#set:Fachbegriff=Kerndrehimpuls|Index=Kerndrehimpuls}} I setzt sich aus den Bahndrehimpuls{{#set:Fachbegriff=Bahndrehimpuls|Index=Bahndrehimpuls}}en $l_i$ und Spin{{#set:Fachbegriff=Spin|Index=Spin}}s $s_i$ der elnzelnen Nukleonen zusammen.

$I=\sum l_i+s_i$.

Bahndrehimpulse $l_i$ als Erhaltungsgrößen setzen ein Zentralpotential $V=V(r)$ voraus, in dem sich die Nukleonen praktisch frei und ohne Stöße im Kerninneren bewegen. Diese Einteilchenvorstellung, welche die Basis des Schalenmodells (Kap. 7) ist, hat ihre Begründung darin, daß die Nukleonen als Fermionen im Grundzustand{{#set:Fachbegriff=Fermionen im Grundzustand|Index=Fermionen im Grundzustand}} alle nach dem Pauli-Prinzip{{#set:Fachbegriff=Pauli-Prinzip|Index=Pauli-Prinzip}} erlaubten Zustände besetzen, so daß es keine "Stöße" gibt und die Nukleonen quasi als freie Teilchen auftreten.

Bahndrehimpuls $l=r\times p$

miniatur|'Vektor'-Modell Operatorenzuordnung $p\to \frac{\hslash }{i}\mathrm{\nabla }$, Separation der Wellenfunktionen ${\psi }_{nlm}(r)=R_{nl}(r)Y_{lm}(\theta ,\varphi )$ in Radial- und Winkelteil. Die sphärischen Kugelfunktionen $Y_{lm}(\theta ,\varphi )$ sind die Eigenfunktionen von $l^2$ und $l_z$ mit den Eigenwerten $l(l+1){\hslash }^2$ und $m\hslash$.

l = 0, 1, 2, 3, 4, ...
    s, p, d, f, g spektr. Bezeichnung

$l^2{Y}_{lm}(\theta ,\varphi )=(l+1){\hslash }^2{Y}_{lm}(\theta ,\varphi )$

m = -l, ... 0, ... +l

$\to 2l+1$ Einstellmöglichkeiten

$l_z{Y}_{lm}(\theta ,\varphi )=m\hslash Y_{lm}(\theta ,\varphi )$

Spin

miniatur|Spin-Darstellung Spin $\overrightarrow{s},s=\frac{1}{2}$

Ergebnis der relat. Quantenmechanik (Diractheorie{{#set:Fachbegriff=Diractheorie|Index=Diractheorie}}). Halbzahlige Spin-Teilchen (z.B. n, p, e, ... ) sind Fermionen, deren Wellenfunktionen bei Teilchentausch sich anti symmetrisch verhalten (Pauli-Prinzip{{#set:Fachbegriff=Pauli-Prinzip|Index=Pauli-Prinzip}}). Im Gegensatz dazu sind ganzteilige Spin-Teilchen (einschließlich s = 0) Bosonen, (z.B. d, $\alpha$, Photonen, Pionen) mit bei Teilchentausch symmetrischen Wellenfunktionen. Unterschiedliche Statistik.

Gesamtdrehimpuls

miniatur|Gesamtdrehimpuls $j=l\pm \frac{1}{2}$ "parallel" oder"antiparallel"

Gesamtdrehimpuls{{#set:Fachbegriff=Gesamtdrehimpuls|Index=Gesamtdrehimpuls}} $\overrightarrow{j}=\overrightarrow{l}+\overrightarrow{s}$ eines einzelnen Nukleons $j=l\pm \frac{1}{2}$ ~ "parallel" oder"antiparallel"

Bei mehreren Nukleonen gibt es verschiedene Kopplungsmöglichkeiten, wie beispielsweise in der Atomphysik die

LS-Kopplung{{#set:Fachbegriff=LS-Kopplung|Index=LS-Kopplung}} mit $\overrightarrow{L}=\sum {\overrightarrow{l}}_i,\overrightarrow{S}=\sum {\overrightarrow{s}}_i,\overrightarrow{L}+\overrightarrow{S}=\overrightarrow{I}$ oder die

jj-Kopplung{{#set:Fachbegriff=jj-Kopplung|Index=jj-Kopplung}} mit ${\overrightarrow{l}}_i+{\overrightarrow{s}}_i={\overrightarrow{j}}_i,\sum \overrightarrow{j}=\overrightarrow{I}$.

Experimentelle Ergebnisse für die Kerndrehimpulse I:

         (g, g) I = 0 (im Grundzustand)
(u, g) , (g, u) I = 1/2, 3/2, 5/2, ...
         (u, u)   = 0, 1, 2, 3, ...

Neigung der Protonen und Neutronen, sich jeweils paarweise durch "Antiparallelstellung" der Einzeldrehimpulse mit ${\overrightarrow{j}}_{p_i}+{\overrightarrow{j}}_{p_k}=0$ bzw. ${\overrightarrow{j}}_{n_i}+{\overrightarrow{j}}_{n_k}=0$ zu kompensieren.

Folgerung für (u, g)- und (g, u)-Kerne $\overrightarrow{I}(u,g)=\overrightarrow{I}(g,g-\text{<mrow data-mjx-texclass="ORD">Rumpf</mrow>})+{\overrightarrow{j}}_P\to \overrightarrow{I}(u,g)={\overrightarrow{j}}_p$

d. h. I(u, g) = Einzeldrehimpuls ${\overrightarrow{j}}_p$ des letzten ungepaarten Protons Entsprechend $1(g,u)=j_n$ Einzeldrehimpuls des letzten ungepaarten Neutrons.

Magnetisches Kerndipolmoment µ_I

Mit dem Bahndrehimpuls und Spin der Nukleonen sind magnetische Dipolmomente verbunden.

Bahn

framed|magnetisches Dipolmoment magn. Dipolmoment = $c^{-1}$ Strome Fläche

${\mu }_l=\frac{e\hslash }{2mc}\overrightarrow{l}=\frac{1}{c}\frac{ev}{2\pi r}\pi r^2$ mit $\hslash l=mrv$

Bohrsches Magneton

$m=m_0$ Elektron $\frac{e\hslash }{2m_{0}c}={\mu }_b=0,927\times 10^{-23}J/T$

Kernmagneton

$m=m_p$ Proton $\frac{e\hslash }{2m_{p}c}={\mu }_K=0,505\times 10^{-26}J/T$

Spin

Für $s=\frac{1}{2}$-Teilchen erwartet man in Analogie zum Bahnbeitrag

${\mu }_s=\frac{e\hslash }{2mc}s,s=\frac{1}{2}$ Falsch!

Experimentell gilt allgemein

${\mu }_s=g\frac{e\hslash }{2mc}s$ g-Faktor{{#set:Fachbegriff=g-Faktor|Index=g-Faktor}}

Dabei ist für das Elektron $g=-2$ nach der Diractheorie bis auf kleinere quantenelektrodynamische Korrekturen bestätigt. Für Proton und Neutron erwartet man deshalb $g_p=2$ und $g_n=0$ (wegen fehlender Ladung). Die gemessenen Werte

$g_p=5,586$ und

$g_n=-3,826$ zeigen jedoch, daß die Nukleonen keine einfachen "Punkt-Teilchen" sind.

Die magnetischen Kerndipolmomente ${\mu }_I$ für (g, u)- und (u,g)-Kerne lassen sich (zumindest für leichte Kerne) näherungsweise auf den des letzten ungepaarten Nukleons zurückführen (Schmidt-Modell).

Elektrisches Kernquadrupolmoment Q

Q gibt Abweichung von der Kugelgestalt wieder

Potential \phi für p im Außenraum $\mathrm{\Delta }\varphi =0$

$\varphi (r,\theta )=\frac{1}{4\pi {ϵ}_0}\sum _{n=0}^{\mathrm{\infty }}{a}_n\frac{1}{r^{n+1}}{P}_n(\cos \theta )$

Legendre Polynome{{#set:Fachbegriff=Legendre Polynome|Index=Legendre Polynome}} $P_0=1$

$P_1=cos\theta P_n(\theta =0)=1P_2=\frac{1}{2}+\frac{3}{2}{\cos }^2\theta$

miniatur|Kugelgestalt des Kerns Die Bedeutung der Entwicklungskoeffizienten $a_n$ erkennt man durch direkte Berechnung des Potentials auf der z-Achse, also für $e=0$ und Koeffizientenvergleich:

$\varphi (r,\theta =0)=\frac{1}{4\pi {ϵ}_0}\sum _{n=0}^{\mathrm{\infty }}{a}_n\frac{1}{r^{n+1}}1$

oder direkt berechnet

$\varphi (r,\theta =0)=\frac{1}{4\pi {ϵ}_0}\int \frac{\rho (r^{\prime })d\tau }{|r-r^{\prime }|}=\frac{1}{4\pi {ϵ}_0}\int \frac{\rho (r^{\prime })r{\text{'}}^n}{r^{n+1}}\frac{1}{r^{n+1}}{P}_n\cos (\alpha )d\tau$ mit $\frac{1}{|r-r^{\prime }|}=\sum _{n=0}^{\mathrm{\infty }}{a}_n\frac{1}{r^{n+1}}{P}_n\cos (\alpha )$.

$a_n=\int \rho (r^{\prime })r{\text{'}}^n{P}_n\cos (\alpha )d\tau$

n=0

$a_0=\int \rho (r^{\prime })d\tau =Ze$ Punktladung

n=1

$a_1=\int \rho (r^{\prime })r^{\prime }\cos (\alpha )d\tau =0$ elektrisches Dipolmoment in $z=r^{\prime }\cos (\alpha )$-Richtung (=0 da Kernkräfte die Parität erhalten)

n=2

$a_2=\int \rho (r^{\prime })r{\text{'}}^2(-\frac{1}{2}+\frac{3}{2}{\cos }^2\alpha )=\frac{1}{2}\int \rho (r^{\prime })(3z^2-r{\text{'}}^2)d\tau \equiv \frac{1}{2}eQ$

Bei konstanter Ladungsverteilung $\rho =\frac{Ze}{V}$ ist deshalb $Q=\frac{Z}{V}\int (3z^2-r{\text{'}}^2)d\tau$. Größenordnung: $Q\approx \pi R^2\approx 10^{-28}{m}^2$ (lb) Vorzeichen: gerahmt|Formen des Kernquadupolmoments